Geschichte
“Die Vergangenheit ist absolut vergangen, unwiderruflich - und zugleich wieder nicht: die Vergangenheit ist gegenwärtig und enthält Zukunft. Sie beschränkt kommende Möglichkeiten und gibt andere frei, sie ist in unserer Sprache vorgegeben, sie prägt unser Bewusstsein wie das Unbewusste, unsere Institutionen und deren Kritik. Wer sich mit der Vergangenheit beschäftigt, wird mit sich selbst konfrontiert.” (Reinhart Koselleck)
Das Fach Geschichte hat an unserer Schule einen besonderen Stellenwert. Dieser zeigt sich darin, dass wir es als Profilfach bezeichnen - so bezeichnen wir Fächer, die unsere Schule in der Innen- und Außenwahrnehmung besonders prägen.
Der besondere Stellenwert von Geschichte zeigt sich in beiden Sekundarstufen gleichermaßen. So arbeiten wir in der Sekundarstufe I in Bildungspartnerschaften mit dem Stadtarchiv und der Stadtbibliothek Bielefeld sowie der NS-Gedenkstätte Wewelsburg als außerschulischen Bildungspartnern zusammen, weil wir Geschichte (auch) als Nahwelterfahrung greifbar machen möchten.
Da wir Geschichte als Denkfach unterrichten, spielt Problemorientierung als Grundprinzip unseres Unterrichts eine große Rolle. Außer im Fachunterricht geben wir diesem Prinzip innerhalb der Sekundarstufe I zusätzlichen Raum, indem wir beispielsweise im Jahrgang 9 dem forschend-entdeckenden Lernen im Fach Geschichte zusätzliche Stunden widmen, die von einer übergreifenden Problemstellung gerahmt und geleitet werden und in denen Schülerinnen und Schüler auf der Basis lebensweltlich relevanter historischer Forschungsfragen jenseits des 45-Minuten-Rhythmus historisch denken und forschen lernen.
Um vernetztes Denken zu fördern und deutlich zu machen, dass manche Themen aus verschiedenen fachlichen Perspektiven beleuchtet werden können, lernen die Schülerinnen und Schüler der Erprobungsstufe im Profil “Zeiten, Menschen und Religionen” im 6. Jahrgang fachübergreifend. Hier wird der historische Fokus durch die Perspektive des Faches Religionslehre ergänzt.
In der Sekundarstufe II ermöglichen wir unseren Schülerinnen und Schülern eine Schwerpunktsetzung, indem wir Geschichte als Leitfach anbieten. Das bedeutet auf pädagogischer Ebene, dass die Leitfachlehrkräfte über drei Jahre hinweg Ansprechpartner:innen für die Schülerinnen und Schüler dieses Leitfachs sind.
Auf fachlicher Ebene ist das Leitfach Geschichte dadurch geprägt, dass im ersten Jahr der Qualifikationsphase der Projektkurs “Gedenken und Erinnern an die Shoa” an den Leistungskurs gekoppelt ist. In diesem Projektkurs setzen wir uns vertieft mit der Geschichte der Shoa und dem Gedenken und Erinnern an diesen Zeitraum der deutschen Geschichte auseinander.
Auch hier ist uns das Lernen an außerschulischen Lernorten ein großes Anliegen; darum besuchen wir im ersten Jahr der Qualifikationsphase im Rahmen einer zehntägigen Kursfahrt deutsche Konzentrationslager-Gedenkstätten in Lublin/Majdanek und Auschwitz/Birkenau und arbeiten dort in Archiven an eigenen Forschungsfragen, deren Ergebnisse der Bielefelder Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung in der Synagoge Bielefeld präsentiert werden.
Im zweiten Jahr der Qualifikationsphase erkunden wir Stätten der deutschen Wiedervereinigung im Rahmen einer Kursfahrt nach Berlin und Leipzig und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern dadurch eine lebensweltliche Rahmung der curricularen Vorgaben.
Denjenigen, die Geschichte als Grundkurs wählen, bieten wir im Rahmen einer Kursfahrt ebenfalls die Möglichkeit, eine Konzentrationslager-Gedenkstätte in Deutschland zu besuchen.
Durch die räumliche Nähe zu Stadt- und Bethel-Archiv ist es auch jenseits des Leistungskurses in Grund- und Zusatzkursen möglich, kleinere Forschungsvorhaben vor Ort durchzuführen. Dass unsere Schülerinnen und Schüler regelmäßig von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, dokumentieren jährlich erfolgreiche Teilnahmen an historischen Wettbewerben auf regionaler sowie Bundesebene.
Durch den Umgang mit Zeit erscheint uns das Fach Geschichte in beiden Sekundarstufen auch dafür geeignet, die Gegenwart nicht nur mit Blick auf das Vergangene zu verlassen, sondern auch zukünftige Möglichkeiten in den Blick zu nehmen, nicht im Sinne eines Propheten, der die Vergangenheit als bestimmend für die Zukunft liest, sondern in dem Sinne, dass es die “Sinnbildung durch Zeiterfahrung” (Rüsen) ermöglicht, die eigene Gegenwart als relativ zu betrachten und die Offenheit historischer Situationen im Sinne von Handlungsoffenheit auch mit Blick auf die Zukunft der Schülerinnen und Schüler erfahrbar zu machen. In diesem Sinne haben globale Herausforderungen und Probleme der Gegenwart und Zukunft wie Migration, Klimawandel und die Zunahme sozialer Ungleichheit einen elementaren Stellenwert in unserem Unterricht.